Architekturwahrnehmung und nutzungsbezogene Präferenzen von Kinder

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In seinem bekannten Buch »Überwachen und Strafen« fragte Foucault: »Was ist daran verwunderlich, wenn das Gefängnis den Fabriken, den Schulen, den Kasernen, den Spitälern gleicht, die allesamt den Gefängnissen gleichen?« (Foucault 1976: S. 292)

Foucault erläuterte, dass der menschliche Körper seit dem 17. Jahrhundert einer staatlichen Disziplinierung unterworfen wurde, ausgetragen durch das Bildungssystem, die Militärausbildung, oder auch Gesundheitsregelungen. Der Körper wurde als Maschine betrachtet, die es zu perfektionieren galt, um sie nutzbar zu machen, vor allem aber willfährig und gehorsam.

Erst durch ReformerInnen wie Maria Montessori erfuhr das Bildungssystem eine radikale Neuorientierung, die sich allerdings zögerlich verbreitete. Auch heute stehen wir vor der Frage, welche Aufgaben die Bildungsstätten übernehmen sollen und welche architektonischen Konsequenzen sich daraus ableiten, insbesondere dann, wenn es sich um Kindertagesstätten oder Ganztagesschulen handelt.

Auch wenn zumeist eine ganze Reihe von ExpertInnen in die Planungsprozesse einbezogen wird, so wird eine Gruppe in der Regel nicht befragt: die betroffenen Kinder. Es gibt nur eine marginale Zahl von Studien, die sich mit Architekturwahrnehmung und Architekturpräferenzen von Mädchen und Jungen unterschiedlicher Altersgruppen beschäftigen.
Gerade hier wäre es wichtig, neue Erkenntnisse zu erlangen, zumal der Trend in Österreich von der Halbtagsschule zu einer Ganztagsschule mit Schulspeisung geht; die Kinder also wesentlich mehr Zeit in den Schulräumlichkeiten verbringen als noch vor 15 Jahren. Freizeit, die früher mit Spielen oder in Sportvereinen verbracht wurde, wird heute zunehmend Teil des Schulalltags. 

In unserer Forschung versuchen wir, mehr über die Architekturwahrnehmungen der Kinder zu erfahren. Dabei lernen die Kinder zunächst spielerisch und experimentell, architektonische Aspekte zu erfassen, um darauf aufbauend ihre Perspektiven und Präferenzen darzulegen.

Literatur: Foucault, M. (1976): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses.
 

TU Wien

Fachgebiet Baugeschichte und Bauforschung am Institut für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege der TU Wien